Was ist schön, was ist hässlich? Ist Schönheit abhängig von aktuellen, opportunen Trends, ist das Hässliche fremd oder subversiv? Ist das Hässliche im Gewand der Schönheit noch
abstoßend?
Mit diesen Fragen befassen sich 27 Künstlerinnen und Künstler aus Saarbrücken, Bonn/Köln, Malaga, Mainz und München im Kontext eines ästhetischen Austauschprojekts, das im Rahmen einer
groß angelegten, medial übergreifenden Ausstellung im Saarbrücker Kulturzentrum am EuroBahnhof vorgestellt wird.
Eröffnungsrede von Prof. Dr. Wagner
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Ich danke meinem geschätzten Kollegen Dr. Andreas Bayer für den freundlichen Empfang und freue mich, das ambitionierte Ausstellungsprojekt „Schön ist was anderes“ für 2012 in Saarbrücken vorstellen zu dürfen. Das Kulturzentrum am Eurobahnhof hat sich wieder einmal als herausragendes Forum für avancierte und innovative Kunst positioniert, - auch dafür meinen Dank an Michaela Kilper-Behr und ihr Team. Und vor allem Dank an Mane Hellenthal, Dr. Christa Sturm und Ulrich Behr, die nicht nur eine wunderbare künstlerische, sondern auch eine herausragende kuratorische Arbeit geleistet haben..
Meine Damen und Herren,
„schön ist was anderes“ nennt sich das Projekt von 25 jungen Künstlerinnen und Künstlern, das wir uns heute ein wenig erschließen wollen. Das Thema irritiert: Es geht um das Andere des
Schönen, um das Nicht-Schöne. Die meisten assoziieren die Hässlichkeit mit jener anderen, der Schönheit abgewandten Seite der Ästhetik. Doch unsere Künstlerinnen und Künstler zeigen uns,
dass nicht alles was nicht schön ist, automatisch hässlich sein muss. Es gibt einen Kanon des Schönen, wir kennen die Proportions- und Harmonielehre, die Geschichte verweist auf eine
stolze Reihe philosophischer Bestimmungen der Schönheit in Natur und Kunst; aber wenn von Hässlichkeit die Rede ist, fehlen oft einlässliche und plausible Definitionen.
Es gibt gewiss kein Ideal des Hässlichen; der Kulturhistoriker sieht sich einem unabsehbar vielgestaltigen Reich gegenüber, und es scheint angemessener, einen Katalog des Grässlichen,
Entsetzlichen, Widerwärtigen zu erstellen, als es auf den Begriff zu bringen. Eine Geschichte der Hässlichkeit ist keineswegs nur das symmetrische Gegenbild einer Geschichte der
Schönheit. Schönheit gefällt, Hässlichkeit verstört, irritiert, ja mobilisiert. Die Gefühlslage differiert zwischen einem wohligen „Mhm“ und einem heftigen und distanzierenden „Bäh“.
Hässlich ist eben, was Hass hervorruft, mag man aus der deutschen Wortgeschichte schließen. Das altgriechische „aischrós“ bezeichnete Deformiertes, Untaugliches ebenso wie moralisch Verwerfliches, subsumierte das verpfuschte Handwerksprodukt wie die Missetat unter einen Titel. In der philosophischen Ästhetik führte das Hässliche lange Zeit ein ihm beinahe adäquates Schattendasein, bis 1853 Karl Rosenkranz seine „Ästhetik des Hässlichen“ herausgab, eines der großen, scharfzüngigen, noch in seinen Beschränkungen hellsichtigen Bücher des 19. Jahrhunderts. Rosenkranz behandelt nacheinander eine Fülle von einzelnen Facetten des Hässlichen vom Unvollkommenen, dem Naturhässlichen, dem Geisthässlichen und dem Kunsthässlichen, zu Formlosigkeit, Asymmetrie und Disharmonie, über die Inkorrektheit, die Defiguration oder die Verbildung, danach das Gemeine und noch weiter das Gewöhnliche, das Zufällige und das Willkürliche oder das Rohe, noch schlimmer das Plumpe, das Tote und Leere, schließlich das Scheußliche mit den Differenzierungen des Abgeschmackten, Ekelhaften und des Bösen: Und endlich merkwürdigerweise: Die Karikatur.
Meine Damen und Herren,
schauen wir uns die künstlerischen Präsentationen doch etwas genauer an:
Da sind Arbeiten, welche sich mit dem Phänomen des von Umberto Eco sogenannten formal Hässlichen auseinandersetzen. Damit bezeichnen wir solche Phänomene, welche sich durch Asymmetrie, Disharmonie, Defizienz, Disproportionalität auszeichnen, mit anderen Worten, bei denen ein Ungleichgewicht zwischen den Teilen und dem Ganzen besteht. So beeindrucken und verstören die Arbeiten von Juliana Hümpfner, die von den geschundenen Gesichtern von Boxern erzählen. Verletzungen, Erniedrigungen, Entstellungen, Versehrungen als Desiderate eines Begriffes von Ästhetik, der sich dem Reich des Schönen entwindet. Ähnlich verhält es sich mit den Arbeiten von Mane Hellenthal, auch hier stehen Abweichungen von der Norm im Vordergrund. Sie umschreibt ihre Thematik mit dem Begriff „Versehrt“ und nimmt sich der Verletzlichkeit von Menschen, des Ephemeren des Lebens, aber auch von Situationen oder von atmosphärischen Konstellationen an.
Andrea Goost und Julia Aatz, aber auch teilweise Christa Sturm nähern sich dem Hässlichen an sich: Hinter diesem Begriff des Hässlichen verbergen sich nach einer weiteren Definition Umberto Ecos Phänomene, ja Manifestationen von Erscheinungen, welche bei nahezu allen Menschen Abscheu, Ekel, Widerwillen erzeugen, wie etwa Exkremente, Aas, Verwesendes. Hier steht die besondere Heftigkeit der Empfindung im Vordergrund. Die Künstlerinnen präsentieren Kadaver von Tieren, verendetes Leben, zerstörte Organismen, abgetrennte und zerlegte Körperteile. Sie arbeiten hoch assoziativ: Andrea Goost beschwört den antiken Mythos des Ikarus mit gegossenen Halbreliefs von abgestürzten Vögel, Christa Sturm transformiert farblich einen Pferdekopf als Reflexion über die Absenz des Vitalen und Julia Aatz zeigt in ihren Bildern unterschiedliche Formen eines dem Leben abgewandten Daseins: Einerseits tote Waldmäuse, andererseits lebenslang zur Fronarbeit verurteilte Grubenpferde. Auch Eugenio Rivas Herencia und Jürgen Fritsche thematisieren die Vergänglichkeit, das stets befristete Schicksal von Lebewesen wie von Kunstobjekten als Performance und unhintergehbare Realität. Ihre Projekt „Big Bang Melting Dog“ demonstriert die Hinfälligkeit alles Geschaffenen. Ist das Vergängliche einfach hässlich? Macht es seine Unvollkommenheit, seine begrenzte Lebensdauer dazu?
Meine Damen und Herren,
eine weitere Wendung nimmt die Auseinandersetzung mit dem Nicht-Schönen bei einer Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern, welche sich mit dem Unheimlichen beschäftigen. Durch diese Kategorie könnte die Hässlichkeit einer Situation umschrieben werden. Sigmund Freud schrieb einen Aufsatz mit dem Titel „Über das Unheimliche“. Dort zitiert er den Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: „Unheimlich nennt man alles, was im Geheimnis, im Verborgenen bleiben sollte und hervorgetreten ist.“ Also das Unheimliche bildet den Gegensatz zu allem, was anheimelnd und vertraut ist; in ihm erscheint eine Art Wiederkehr des Verdrängten. Die eindrucksvollen, düsteren, dennoch farblich intensiven und unheilsverheißenden Bilder von Thomas Brenner gehören zu diesem Genre: Hier spielt die Überschreitung von Grenzen, welche Bewusstes und Unbewusstes ebenso miteinander verbinden wie voneinander trennen, eine besondere sinnstiftende ästhetische Einheit. Die Grenzüberschreitung durch kriminelles Verhalten wird in besonderer Weise bedrückend real fotografisch realisiert. Hier ist eine eminent politische Ästhetik am Werk. Gleiches gilt für die Arbeiten von Irina und Jürgen Enss, welche mit Gasmasken bewehrte Puppen die scheinbar sterile Normalität eines Haushalts vor dem Hintergrund des früheren sowjetischen Atomversuchsgeländes in Semipalatinsk auferstehen lassen. Die Unheimlichkeit wird hier sichtbar als eine Zerstörung der Heimat, als Folge einer ökologischen Katastrophe, welche die Menschen ihr Heim verlieren lässt. Auch Sebastian Meschenmoser lässt uns an dem märchenhaften Schrecken seiner Bilder teilhaben, die an Illustrationen von Gustave Doré oder Alberto Savinio erinnern. Die Bilder von Johannes Lotz gehören ebenfalls in dieses Genre. Das Unheimliche betritt hier irritierend und bizarr die Bühne. Seinen Darstellungen entströmt eine subtile Gewalt, welche sich allerdings hinter einer bilderreichen Poesie verbirgt.
Anderes hat Barbara Groebl in das Zentrum ihrer Hervorbringungen gestellt: Sie präsentiert eine Konstellation mit einem Vogelhäuschen und einem einer Legebatterie entsprungenem Ei (erkennbar durch die gestempelte Zahl „2“ auf der Schale). Sie dokumentiert damit die Heimatlosigkeit einer alles verdinglichenden, auf ökonomischen Erfolg und Konsum reduzierten Gesellschaft, in der das Heim stiftende, das Solidarisierende, das die Kreaturen vereinigende Heimelige in einer Sphäre der Unheimlichkeit zum Verschwinden gebracht wird.
Leslie Huppert nimmt sich des Bösen als einem Moment des Hässlichen an. Ihre Arbeiten zu „Tretminen“ entlarven die Grausamkeiten, die unsäglichen Hinterhältigkeiten, die menschenverachtenden Gemeinheiten wie sie in Kriegen immer wieder begangen werden. Waffen, welche Menschen töten oder vor allem Kinder schwer verletzen sollen, gehören zum Bösen. Auch hier wird die Kunst kritisch und politisch. Implizit wohnt ihr eine Ästhetik des Widerstandes inne.
Walli Höfinger, die mit ihrer Performance diese Ausstellung abschließen wird, bedient sich verschiedener Elemente des Nicht-Schönen: Verfremdungen des Ich, schalkhafte Eulenspiegeleien, höhnisch inszenierte Augenblicke, Modulationen zu Medusa und ein durch einen grünlichen Brei zu einer Fratze deformiertes Gesicht zeigen unterschiedliche Facetten des Nicht-Schönen. Ähnlich mehrschichtig arbeitet Gertrud Riethmüller, die sich mit den unterschiedlichen ästhetisch relevanten Wahrnehmungs- und Assoziationsvorgängen auseinandersetzt. Das Primat der Subjektivität beim Empfinden von schön und hässlich und den vielen Spielarten zwischen beiden Bereichen ist ihr Untersuchungsziel. Dabei entwickelt sie eine dialektische Herangehensweise und vollzieht eine überaus interessante und reflektierte Umkehrung der Thematik: „Anders ist auch schön“ betont sie ganz spielerisch und öffnet damit einer kulturell vermittelten ästhetischen Dialektik die Pforte: „Auch das andere des Hässlichen kann schön sein“. Selbst dem Abweichenden, den Anomalien wohnt ein ästhetischer Eigenwert inne.
Auch Ulrich Behr arbeitet über Grenzen hinweg. Seine Holzpistolen variieren gleichsam die paradoxe Frage, ob etwas Hässliches, wenn es schön gemacht sei, dann eben schön werde. Die Pistole mutiert von der lebensbedrohenden Waffe zu einem Holzspielzeug, das die Phantasie stimuliert, das aber auch im Spiel ambivalent bleibt. Im Hochmittelalter wurde die Frage nach dem schön gemachten Bösen bereits heftig diskutiert (u.a. durch Bonaventura) und ihre Thematik setzt sich bis in die aktuellen Theorien der Paradoxie des Schönen beim amerikanischen Kunstphilosophie Nelson Goodman fort. Gemeinsam mit Arne Menzel produziert Ulrich Behr einen Aborterker, gleichsam das Entree zu dieser Ausstellung und ein Klassiker des Hässlichen an sich. Arne Menzel arbeitet sich im Empfangsbereich tief in die griechische Mythologie. Seine Auseinandersetzung mit jenem zum ewigen Stein-auf-den-Berg-Rollen verurteilten „Sisyphos“ präsentiert uns einen Blick mit Affinität zum Absurden: Bereits der französische Schriftsteller Albert Camus hat auf das Absurde im menschlichen Schicksal hingewiesen. Das Absurde besteht in dem Spannungsverhältnis zwischen der Sinnwidrigkeit der Welt einerseits und der Sehnsucht des Menschen nach einem Sinn bzw. sinnvollem Handeln. Der Sisyphos-Mythos lehre uns das ewige Abarbeiten und Überwinden der selbst gewählten Lebensaufgabe zur eigentlichen Erlangung eines freieren Bewusstseins im Vordergrund. So werde man selbst sogar in einer Situation der Unterjochung durch die eigene Konsequenz zu einem glücklichen Menschen.
Meine Damen und Herren
Viele der Arbeiten vereinigen unterschiedliche Facetten des Nicht-Schönen und Hässlichen: Groteskes, Absurdes, Komisches. Dieses Genre hat seinen Ursprung bereits in der Renaissance-Kunst und kann als eine Art ästhetische Erlösung des Hässlichen verstanden werden. Das Komische und seine Nachbarkategorien besitzen dabei als Formen eines nicht herabsetzenden Umgangs mit Äußerlichkeiten von Menschen auch eine heitere, ja emanzipative Seite des ästhetischen Humors. Thomas Richter alias Dr. Treznok (= Konzert rückwärts gelesen) präsentiert uns herrlich skurrile Bücher mit Gedichten, denen eine hohe Affinität zu Dada eignet. Darüber hinaus wird er am Sonntag eine Performance mit dem Titel „Dr. Treznok und seine reizende Assistentin. Saskia Niehaus mit ihrem „Schattengedeck“ widmet sich ebenfalls dem Skurrilen. Mit ihren schwebenden Figuren, relativiert sie menschliche Hybris und konterkariert die damit verbundenen Präpotenzansprüche. Ihre Arbeit „Gregor Samsas Klassenzimmer“ schließt an die Thematik –der Mensch als Ungeziefer- an und lässt uns in Auseinandersetzung mit Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ in eine düstere Stimmung eintauchen. Christa Sturm ist noch mit weiteren Arbeiten vertreten: Zum einen erscheint sie im Rahmen einer Selbstinszenierung als Model auf einem Duschvorhang und macht sich über den –einer verelendeten Form der Ästhetik- Voyeurismus lustig, zum anderen setzt sie sich filmisch auch mit realer und religiöser Leiblichkeit auseinender: Eine unbekleidete Frau beklebt sich mit honiggetränkten Hostien und badet danach in roter Farbe. Körper und Hostien bilden eine Art doppelte Körperlichkeit. Entsteht durch die Verdoppelung eine Enteignung der Körperlichkeit? Die Assoziation einer bewusst gesteuerten Entfremdung durch Kirche und Klerus liegt nahe.
Veronika Witte liefert uns ein überaus komplexes und ambitioniertes Szenario mit dem Titel „Wolfsstunde“. Es ist jene geheimnisvolle Nachtstunde gemeint, in der häufig Menschen sterben oder geboren werden. Gezeichnete schöne, nahezu vollkommene Körper von Frauen und Männern kontrastieren mit Störbildern und verwirrenden Geräuschen. Die Auflösung von Ausdruck und Form ist sozusagen der Einstieg in eine eigene Ästhetik der Relativität und des Kontrastes. Die Musterkörper wandeln sich zu Hybriden, mutieren zu Plasmapräparaten. Das Phantastische und das Monströse bilden eine spielerische Einheit.
Susanne Dietz stellt uns eine großflächige Kollage aus selbstgefertigten Zeichnungen, Bildern und sonstigen Zutaten. Dadurch entstehen absurde und komische Konstellationen, die immer zufällig zusammentreten. Die Arbeit erinnert strukturell an den großen Roman von Arno Schmidt „Zettels Traum“, vielleicht könnte man sie mit „Zettels Raum“ beschreiben. Arancha Ruiz zeigt uns eine neu geordnete Kollage unterschiedlicher Ansichten eines nach unseren Begriffen romantisch-schönen Hauses, das sich aber nach näherem Hinsehen als durchaus ein wenig hinfällig, renovierungsbedürftig, von Wind und Wetter verändert und den Unbillen der Natur ausgesetzt, erweist. Hinter der glänzenden Fassade nistet bereits die Vergänglichkeit.
Paolo Leone stellt uns eine monumentale Fotodokumentation zu einem religiösen Fest in Sizilien vor. Es ist eine dichte Erzählung gespickt mit eindrucksvollen Aufnahmen menschlicher Gefühle. Vom entbehrungsreichen Leben gezeichnete Gesichtslandschaften, eine Mischung aus religiöser Verzückung, kultischer Inbrunst, Angst, Massensuggestion, verzerrter Anspannung. Dazu Bilder mit rührenden Motiven von Kindern mit einem an Michelangelos Bilder erinnerndes Äußeres, von verlassenen Straßen und Szenarien einer verblichenen Schönheit.
Katja Bonnländer zeigt uns im Keller ein Arrangement mit vier großformatigen Bildern und einem Bildschirm mit dem Titel „Keller und Kongo“, wo mit der Thematik Unbewusstes und Unterbewusstes, Traum und Krieg gearbeitet wird. Dazu ein Hörspiel mit dem siebten Geißlein aus dem von den Gebrüdern Grimm überlieferten Märchen „Der Wolf und die sieben Geißlein“.
Meine Damen und Herren,
eine grundlegende Auseinandersetzung demonstrieren uns schließlich Klaudia Stoll und Jacqueline Wachall. Die beiden inszenieren ihre Performance als interaktiven Prozess, als soziologisch und ästhetisch inspiriertes Projekt. Es geht nicht um die grundlegende Differenz zwischen dem Schönen und dem Hässlichen, vielmehr geht es um die Relativität der beiden Sphären. Die Antworten auf die Fragen „Was ist schön?“ „Was ist hässlich?“ werden deutlich machen, dass es kaum Kriterien gibt, die eine verlässliche Kategorisierung erlauben. Nicht einmal eine verlässliche Unterscheidung zwischen beiden Sphären scheint möglich. Geschmacksurteile zum Schönen oder Angenehmen sind, wie bereits Immanuel Kant uns gelehrt hat, „von subjektiver Allgemeinheit“. Gerade deshalb bin ich auf den Ausgang der Performance sehr gespannt.
Insgesamt zeigt uns diese Ausstellung die Richtigkeit der brachial-romantischen Aussage von Victor Hugo: „Die Schönheit hat nur ein Gesicht, die Hässlichkeit hundert.“ Allerdings verhält es sich auch in unserem Alltag so, dass das Hässliche dominiert, nicht als Faszinosum, sondern wie uns einige Künstlerinnen und Künstler auch demonstriert haben, als reale Horrorvision: Wir sehen Bilder von Völkern, wo zu Skeletten abgemagerte Kinder mit aufgequollenen Bäuchen verhungern, von abgeschlachteten Männern im Balkankrieg, von Frauen, die vergewaltigt und von menschlichen Körpern, die gefoltert werden, und immer sehen wir das Bild lebender Skelette auf dem Weg in die Gaskammer. Die Auseinandersetzung mit der Hässlichkeit transzendiert die Ästhetik zur Ethik und die Kunst zur Aufklärung.
Trotz oder gerade wegen dieser dramatischen Aktualität des Nicht-Schönen danke ich den Künstlerinnen und Künstlern: Ihr seid einfach wunderbar! Und ich danke dem Publikum für seine bemerkenswerte Geduld.
Organisatoren:
Mane Hellenthal, Gesamtkoordination für Saarbrücken, Berlin und München
Ulrich Behr für Köln / Bonn
Christa Sturm für Mainz, Kaiserslautern und Koblenz